Neue Forschung: Die Auswirkungen des 9-Euro-Tickets auf das Mobilitätsverhalten

Neue Forschung: Die Auswirkungen des 9-Euro-Tickets auf das Mobilitätsverhalten
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Der Studie zufolge hatte das 9-Euro-Ticket eine ähnlich starke Auswirkung auf das Mobilitätsverhalten wie der Ausbruch der Covid-19-Pandemie.



Wie RAILMARKET.com im Juli berichtete(mehr dazu), wurden in Deutschland im Sommer bereits mehrere Studien durchgeführt, um die Auswirkungen der Einführung eines 9-Euro-Tickets für Fahrgäste zu untersuchen. Das Institut für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat nun eine neue Studie vorgelegt.

Das DLR hat sich vor allem mit der Frage beschäftigt, wie sich das 9-Euro-Ticket auf das Mobilitätsverhalten ausgewirkt hat. Dazu befragte das DLR zwischen Ende Juni und Mitte Juli 2022 rund 2.500 Personen. Die Studie ist Teil des Großprojekts "Mobilität in Zeiten der Krise", bei dem dieselben Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten befragt werden, um die pandemiebedingten Verhaltensänderungen und die zwischenzeitlichen Einflüsse des 9-Euro-Tickets sowie die Senkung der Kraftstoffpreise im Sommer 2022 zu messen.

"Das 9-Euro-Ticket zeigt, dass mit einem einfachen und klar verständlichen Angebot, niedrigen Preisen und dem ausgebauten flächendeckenden Regionalverkehr das Mobilitätsverhalten verändert werden kann. Zumindest in den Sommermonaten ist der durch die Pandemie ausgelöste Trend zur verstärkten Autonutzung gestoppt worden. Damit sich dieser Wandel längerfristig fortsetzt und neben der Freizeit auch mehr Alltagswege einschließt, brauchen wir auch in Zukunft ein gutes und ebenso einfaches ÖPNV-Angebot", kommentiert Professor Meike Jipp, Direktorin des DLR-Instituts für Verkehrsforschung in Berlin.

Dank der hohen Medienpräsenz kannten 98 % der Befragten das 9-Euro-Ticket. Rund 20 % besaßen zum Zeitpunkt der Befragung eine Dauerkarte für den öffentlichen Verkehr, 28 % hatten ein 9-Euro-Ticket und weitere 4 % planten den Kauf eines solchen. Etwa die Hälfte besaß also im Befragungszeitraum eine Dauerkarte und nutzte die öffentlichen Verkehrsmittel zum Pauschaltarif. Damit hatte sich die Zahl der Dauerkartenbesitzer etwa einen Monat nach Einführung des 9-Euro-Tickets mehr als verdoppelt. Die Befragten waren eher bereit, das Ticket in Zukunft zu nutzen, wenn sie es bereits in der Vergangenheit genutzt hatten.

Während die regulären Dauerkarten überproportional von jungen, gut ausgebildeten Menschen genutzt werden, die Vollzeit arbeiten oder studieren, spiegeln die Nutzer der 9-Euro-Karte eher den Durchschnitt der Bevölkerung in Bezug auf Alter, Bildung, Beruf und Geschlecht wider. Anders verhält es sich mit dem Wohnsitz: Die Nutzer des 9-Euro-Tickets leben eher in Großstädten. Diejenigen, die zum Zeitpunkt der Kampagne kein 9-Euro-Ticket kaufen wollten, kommen sehr häufig aus kleineren Städten und Dörfern.

Am häufigsten wurde das Ticket für Freizeitreisen verwendet: 60 % der Befragten nutzten es für Ausflüge und Freizeitaktivitäten am Wochenende, 34 % für Freizeitreisen unter der Woche und 21 % für Urlaubsreisen. Im Berufsverkehr spielte das Ticket eine geringere Rolle: 18 % nutzten es für die Fahrt zur Arbeit oder zur Ausbildung.

Die Gruppe derjenigen, die sich nicht für das 9-Euro-Ticket interessieren, eint die Tatsache, dass sie vor der Pandemie und in den sechs Monaten vor Beginn der Kampagne keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzt haben. "Eine gewisse Vorerfahrung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist ein wichtiger Faktor. Eine häufige und sogar sporadische Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel begünstigt den Kauf eines 9-Euro-Tickets. Für Menschen, die nie mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, ist die Einstiegshürde dagegen sehr hoch", erklärt Dr. Claudia Nobis, Projektleiterin des DLR.

Das 9-Euro-Ticket hat dem öffentlichen Verkehr einen großen Schub gegeben und das Mobilitätsverhalten ähnlich stark beeinflusst wie die Covid-19-Pandemie, allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Die wichtige Frage ist, wie die Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel nach dem Ende der Kampagne nutzen werden. Nur 9 % der Befragten mit einem 9-Euro-Ticket rechneten damit, die öffentlichen Verkehrsmittel nach dem Ende des Angebots häufiger zu nutzen. Weitere 38 % erwarteten, dass ihre Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gleich bleiben würde, 40 % wollten weniger fahren und 14 % rechneten damit, dass sie die öffentlichen Verkehrsmittel überhaupt nicht mehr nutzen würden.

"Es zeigt sich: Je mehr Fahrten eine Person bereits mit dem 9-Euro-Ticket gemacht hat, desto mehr will sie nach Ablauf des Tickets den öffentlichen Verkehr nutzen. Das deutet darauf hin, dass die Wenignutzer das 9-Euro-Ticket gezielt für bestimmte Fahrten gekauft haben, die nach Ablauf der Aktion nicht mehr oder mit anderen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden", so Claudia Nobis.

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