Johann Feindert, CEO der GATX Rail Europe: Die Akteure der Branche müssen zusammenarbeiten, um den Erfolg zu sichern

Johann Feindert, CEO der GATX Rail Europe: Die Akteure der Branche müssen zusammenarbeiten, um den Erfolg zu sichern
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Werfen Sie einen Blick in die Welt der europäischen Güterwagenvermietung in einem exklusiven Interview von Railmarket News mit dem CEO von GATX Rail Europe, einem der Hauptakteure der Branche, der als Unternehmen im Jahr 2024 sein 125-jähriges Bestehen feiern wird.


In der Vermietung von Eisenbahngüterwagen gibt es gute Zeiten für die Vermieter. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation in Europa aus der Sicht vonGATX?

Im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen ist der Eisenbahnleasingmarkt relativ stabil, insbesondere bei Kesselwagen. Wir stellen jedoch fest, dass das intermodale Transportsegment derzeit mit mehreren Herausforderungen konfrontiert ist - insgesamt 10 % weniger Transportvolumen, was auf ein insgesamt vorsichtigeres Kaufverhalten, die Inflation und politische Entscheidungen zurückzuführen ist, die nicht günstig für den Schienenverkehr sind.

Im Bereich der Waggonvermietung bieten wir neben einem exzellenten Service eine moderne, junge Flotte. Dazu gehört auch ein hochmodernes Telematik- und Sensorportfolio für alle Waggontypen. Die Nachfrage nach Digitalisierung, Tracking und Tracing wächst und wir sind bereit, dies zu erfüllen.

Darüber hinaus sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Nachfrage nach Eisenbahnwaggons zu beobachten und zu antizipieren. Deshalb beobachten wir Trends, saisonale Schwankungen und Marktveränderungen genau und sind bereit, zu expandieren und zu innovieren, um die richtigen Waggons zur richtigen Zeit bereitzustellen.

Welche Wagentypen werden derzeit stark nachgefragt, und welche haben abgenommen und liegen derzeit eher brach?

Wir sehen weiterhin eine hohe Nachfrage nach neuen Mineralölwaggons, sowohl hellen als auch dunklen, und nach Gaswaggons. Im Güterverkehr sind derzeit Getreidewagen stark gefragt, Intermodalwagen aller Art sind derzeit weniger gefragt und verfügbar, ebenso wie Waggontypen aus betroffenen Sektoren wie z.B. Stahlcoil-Wagen.

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Die Eisenbahnen brauchen dringend innovative Anwendungen, aber das scheint alles seine Zeit zu brauchen. Sie haben kürzlich angekündigt, dass Ihre gesamte Flotte bis Ende 2023 mit neuen Telematiksensoren ausgestattet werden soll. Was ist der nächste Schritt?

Telematik und Sensoren sind in der Tat einige der innovativen Geräte und Plattformen, die wir erfolgreich in unserer Flotte eingeführt haben. Unser Schwerpunkt liegt jetzt darauf, neben den Geräten auch den Service für die unterschiedlichen Anforderungen unserer Kunden anzubieten. Je nach Anwendungsfall unserer Kunden können wir aus einer breiten Palette von Sensoren auswählen - von Temperatur und Luftfeuchtigkeit bis hin zu Ladestatus und Kupplungsstatus -, die über Schnittstellen nahtlos in die bestehende Telematikplattform unserer Kunden integriert werden können.

Darüber hinaus halten wir die hohe Qualität unserer Flotte aufrecht - Sicherheit ist unsere oberste Priorität. Und Qualitätssicherung ist für uns der Schlüssel. Im klassischen Sinne ist dies zwar keine Eisenbahnanwendung, aber wir haben große Schritte bei der Digitalisierung von Wartungsprozessen gemacht.

Wir sind auch eine der treibenden Kräfte hinter RSRD2 und wir fördern aktiv die Nutzung des digitalen WDRflyers - es gibt also viele nützliche Apps, die nur noch nicht weit verbreitet oder bekannt sind.

Da wir im umweltfreundlichen Transportsektor tätig sind, prüfen wir auch uns selbst, unsere Flotte und unser Unternehmen daraufhin, ob wir alles in unserer Macht Stehende tun, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern und die Langlebigkeit unserer Triebwagen zu erhöhen und dabei umweltverträgliche Praktiken anzuwenden.

Unser nächster Schritt besteht darin, immer wieder neue Wege zu finden, um unseren Kunden und potenziellen Kunden das Triebwagenleasing zu erleichtern.

Wie steht es mit DAC? Bereiten Sie sich auf einen massiven Einsatz dieser Technologie in Ihrer Flotte vor?

Wir unterstützen die DAC-Initiative voll und ganz; wir haben uns von Anfang an intensiv an allen führenden europäischen Projekten beteiligt und sind überzeugt, dass sie bald Wirklichkeit werden wird. Die Einführung kann erst dann beginnen, wenn die beteiligten Hersteller alle noch bestehenden Hürden überwunden haben und ein gemeinsamer Migrationsplan erstellt wurde.

Was ist aus Ihrer Sicht der Güterwagen der Zukunft? Wenn nicht eine bestimmte Wagengattung, welche Eigenschaften sollte dann ein moderner Güterwagen der Zukunft haben?

Wir glauben weiterhin an den intermodalen Verkehr mit all seinen Facetten, d.h. 40-, 60-, 80-, 90-Fuß-Waggons und Taschenwaggons. Der intermodale Verkehr wird ein wichtiger Treiber für den Schienentransport sein, vor allem dann, wenn das Spielfeld zwischen Straße und Schiene geebnet wird. Das Thema Containerisierung von Gütern und Flexibilität wird weiter zunehmen und den intermodalen Transport weiter vorantreiben. Auch der Green Deal wird neue Möglichkeiten eröffnen, wie z.B. den Transport von CO2 oder Wasserstoff in Eisenbahnwaggons, für die wir bereits heute optimierte Transportlösungen finden.

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Wie sieht es mit der Wartung, den Werkstätten und der Verfügbarkeit von Arbeitskräften aus? Wie bewältigen Sie diese Herausforderungen?

Die Instandhaltung war traditionell ein Engpass im Kesselwagenleasinggeschäft, aber mit unserer neuen Instandhaltungsstrategie und den digitalisierten Werkstätten kommen wir diesem Problem jetzt zuvor. Wir haben ein solides Werkstattpartnerprogramm aufgebaut und verfügen über eine eigene Werkstatt für neu gebaute Kesselwagen in limitierter Auflage und damit auch über die Kapazität, Kesselwagen bei Bedarf in unserer eigenen Werkstatt zu montieren und zu reparieren.

Die Pensionierungswelle, die den Eisenbahnsektor erfasst hat, ist auch für uns bei GATX spürbar. Wir haben neue Einstellungsstrategien entwickelt und investieren sehr viel in einen guten Wissenstransfer von unseren älteren Experten zu unseren jungen Leuten. Alle Generationen für die Eisenbahn zu begeistern - das ist eine Herausforderung, für die wir uns mit Partnern aus der Industrie zusammenschließen, um die Attraktivität zu fördern, indem wir zeigen, wie nachhaltig, hochtechnologisch und leistungsstark die Eisenbahn wirklich ist.

Und was sind insgesamt die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmenswachstum?

Unser wichtigster Wachstumsmotor ist die Erweiterung unseres Fuhrparks. Wir erweitern unsere Flotte um mehr als 1.500 Waggons pro Jahr. Darüber hinaus kaufen wir auch bestehende Waggons, wenn sich die Gelegenheit bietet und die Waggons gut gewartet sind und in unseren Waggonmix passen. Ein Wachstumsproblem hängt also immer mit den Produktionskapazitäten der Hersteller und letztlich mit dem Güterwagensektor insgesamt zusammen. Wir sehen hier keine Herausforderung, unsere Beziehungen zu den Herstellern sind stabil und wir streben ein nachhaltiges Wachstum an.

Was wäre aus Ihrer Sicht der größte Schritt, um den Anteil der Schiene am Gesamtverkehr im europäischen Binnenland zu erhöhen?

Die aktuelle Herausforderung liegt in den steigenden Kosten des Schienenverkehrs im Vergleich zum Straßenverkehr. Die Eisenbahnunternehmen haben mit steigenden Energiekosten, einer Verschlechterung des Zustands der Infrastruktur und erhöhten Gebühren zu kämpfen, wie z. B. den Stornogebühren von DB Netz in Deutschland und ähnlichen Problemen in Dänemark. Ein weiteres Problem ist die Sprachbarriere im internationalen Verkehr, wo die Lokführer die jeweilige Landessprache sprechen müssen, anstatt eine universelle Sprache wie Englisch im Luftverkehr. Darüber hinaus stellen die schlechte Schieneninfrastruktur und die daraus resultierenden Wartungs- und Ausbauarbeiten ein großes Problem für die Entwicklung des Schienengüterverkehrs dar. Diese Arbeit ist wichtig für die Zukunft, aber umso wichtiger ist es, dass die nationalen IB diese Maßnahmen im Interesse aller sehr gut koordinieren.

Um dieses Problem anzugehen, müssen Interessenvertreter, Politiker und Unternehmen erkennen, dass der Schienenverkehr ein wichtiger Weg ist, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Dieser Sektor verdient eine angemessene Unterstützung bei seiner Umgestaltung. Die Verwirklichung eines nachhaltigen Verkehrs erfordert eine langfristige Verpflichtung zur Verlagerung erheblicher Mengen auf die Schiene. Anstatt die Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen, müssen die Akteure der Branche zusammenarbeiten, um den Erfolg zu sichern.

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Bitte erzählen Sie uns mehr über die Geschäftspläne und die Strategie von GATX für die kommenden Jahre?

Wachstum. Sicherheit. Qualität. Nachhaltigkeit. Innovation, um das Leasing von Schienenfahrzeugen zu erleichtern.

Gibt es Synergieeffekte mit Ihrer Muttergesellschaft GATX US?

Natürlich haben wir ein Portfolio internationaler Kunden, die in den USA und in Europa vom Leasing mit uns profitieren. Unser Schwesterunternehmen Trifleet ist einer der führenden Tankvermieter, mit dem wir bei intermodalen LNG-Transportlösungen und darüber hinaus zusammenarbeiten.

Die GATX Corporationfeiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Es ist ein Segen, eine so starke und stabile Muttergesellschaft zu haben, die uns zu einem starken und stabilen Partner für die Vermietung von Schienenfahrzeugen in Europa macht.

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